Eugen Richter
1838-1906








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Politisches ABC=Buch
9. Auflage, 1898

 
 

Börsengesetz. [S.55]  Börsen sind nichts anderes wie Märkte für den Großhandel, Versammlungsorte für diejenigen, welche in einer bestimmten Stadt zu einer bestimmten Tageszeit Wertpapiere, Wechsel oder vertretbare Waren (Getreide und Mehl, Sprit, Zucker, Kaffee, Petroleum, Baumwolle, Garne, Roheisen, Kohlen, usw.) kaufen und verkaufen wollen. Je mehr sich hier wie auf allen anderen Märkten Angebot und Nachfrage örtlich und zeitlich konzentriren, um so leichter ist die Uebersicht über Angebot und Nachfrage und um so mehr ist Gewähr vorhanden, daß die Preise entsprechend dem jeweiligen Verhältnis von Angebot und Nachfrage und unabhängig von den Spekulationen einzelner Käufer oder Verkäufer sich gestalten. -- Innerhalb des Deutschen Reiches befinden sich Börsenplätze in Preußen, und zwar in den Städten Berlin, Breslau, Danzig, Düsseldorf, Elbing, Essen, Frankfurt a. M., Gleiwitz, Grimmen, Halle a. S., Köln, Königsberg i. Pr., Magdeburg, Memel, Posen, Stettin, in Bayern in München und Augsburg, im Königreich Sachsen in Dresden und Leipzig. Außerdem finden sich in anderen Bundesstaaten Börsen in Stuttgart, Mannheim, Lübeck, Bremen, Hamburg, Straßburg und Mühlhausen.

     Vorgeschichte. Als nach dem lebhaften Geschäftsaufschwung am Ende des vorigen Jahrzehnts, welcher nicht allein die Börsenkreise, sondern auch weite Kreise des Privatpublikum zu starker Ausdehnung der Spekulation angeregt hatte, der bald eintretende Rückschlag schwere Verluste bei vielen Unternehmungen herbeiführte und außerdem im Herbst 1891 der Zusammenbruch mehrerer Bankfirmen in Berlin (welcher übrigens durch Börsenspekulationen nicht veranlaßt war) umfangreiche Unterschlagungen von Privatdepots zur Erscheinung brachte und viele an den Börsenspekulationen nicht direkt Beteiligte in Mitleidenschaft zog, machte sich in der öffentlichen Meinung eine lebhafte Erregung gegen die Börse geltend. Dieselbe wurde zum Teil, namentlich seitens der Agrarier und Antisemiten, auch aus anderen Gesichtspunkten genährt. So versuchte man 1891 insbesondere die aus den Mißernten in Verbindung mit den Kornzöllen sich ergebenden hohen Kornpreise willkürlich Börsenspekulationen zur Last zu legen. Insbesondere von agrarischer und antisemitischer Seite ist die Unkenntnis des größeren Publikums namentlich auf dem Lande über die Natur der Börse und die Vorgänge an derselben stets zu benutzen versucht worden, um es so darzustellen, als ob die Börse eine Anstalt sei, mittelst deren man mühelos die Gesamtheit zu eigener Bereicherung willkürlich ausbeuten könne.
 
     Aus solchen Stimmungen heraus wurden im Reichstage November 1891 von den Konservativen und Freikonservativen und der Centrumspartei gemeinschaftlich Anträge eingebracht, durch eine Gesetzvorlage dem Mißbrauch des Zeitgeschäfts als Spielgeschäft auf dem Gebiet des Strafrechts und des bürgerlichen Rechts entgegenzutreten und die Börsen und den Geschäftsverkehr an denselben einer wirksamen staatlichen Aufsicht zu unterstellen. Von nationalliberaler Seite wurde der Antrag gestellt, durch Gesetzvorlagen der Ver-[S.56]-untreuung anvertrauter Depots und dem Börsenspiel entgegenzutreten und reine Differenzgeschäfte für nichtig und klaglos zu erklären. Im Reichstage selbst kamen diese Anträge nicht zur Verhandlung. Die Regierung aber setzte am 16. Februar 1892 eine Enquetekommission aus 28 Mitgliedern ein, welche eine große Anzahl an Sachverständigen vernahm und bis zum November 1893 tagte. Schon in der Zusammensetzung und in den Verhandlungen der Börsenenquetekommission griff eine große Einseitigkeit Platz. Der freikonservative Agrarier Abg. Gamp hatte als Gesamtberichterstatter, Generalreferent und Spezialreferent für die wichtigsten Abschnitte von vornherein auf den Gang der Verhandlungen überwiegenden Einfluß. Während die agrarischen Richtungen und die staatssozialistische Richtung und der Professoren sehr stark vertreten waren, hatte das eigentliche Sachverständigenelement, diejenigen, welche das Börsengeschäft aus eigener Thätigkeit und Anschauung kennen, in der Kommission nur eine schwache Vertretung. Aus der parlamentarischen Freisinnigen Partei, welche damals eine Reihe hervorragender Mitglieder zählte, die in der Praxis und als Syndici kaufmännischer Korporationen die einschlägigen Verhältnisse von Grund aus kennen gelernt hatten und sich dabei in einer durchaus unabhängigen Stellung der Regierung und den Interessentenkreisen gegenüber befanden, war nur Abg. Dr. Witte zur Kommission zugezogen worden. Derselbe war indessen zuerst durch seine Arbeiten und Reisen für die Chicagoer Ausstellung, dann durch Krankheit verhindert und starb schon vor Abschluß der Beratungen im Juli 1893.
 
     Im Reichstage gelangte in der Session 1895-96 das Börsengesetz zur Vorlage. Der Gesetzentwurf ging in den Beschränkungen des Börsenverkehrs über die Vorschläge der Börsenenquetekommission hinaus, und weiterhin ging die Mehrheit des Reichstags in solchen Beschränkungen noch über den Entwurf der Regierung hinaus. Dabei mußte sowohl der Bericht der Börsenenquetekommission als die Begründung des Gesetzentwurfs des Bundesrats anerkennen, daß die Entwickelung des nationalen und internationalen Güteraustausches, die Regelung der geltenden Kreditverhältnisse des In= und Auslandes und die fortschreitende Ausbreitung des Aktienwesens, sowie ähnlicher Gesellschaftsformen die Börse für den Vekehr in Waren wie in Wertpapieren zu einem unentbehrlichen Faktor für die heutige Volkswirtschaft gemacht haben. Gleichwohl sind in dem Börsengesetz vom 23. Juni 1896, welches mit dem 1. Januar 1897 in Kraft trat, Bestimmungen enthalten, welche eine Störung und Beeinträchtigung der berechtigten und notwendigen Funktionen der Börse zur Folge haben.
 
     Von agrarischer und konservativer Seite sucht man es so darzustellen, als ob man von freisinniger Seite aus mit einer besonderen Vorliebe oder Freundschaft für die Börse und die Börsenleute jede Maßnahme bekämpfen wolle, die geeignet sei, Mißstände im Börsenwesen zu beseitigen. In Wahrheit geht man auf freisinnige Seite von der Ansicht aus, daß für die Erfüllung des allseitig anerkannten Zwecks der Börse die Freiheit des Verkehrs Grundbedingung ist, und daß gerade Einschränkungen solcher Freiheit geeignet sein können, diejenigen Nachteile erst hervorzubringen, gegen welche die neuen Einschränkungen gerichtet sind. Zweifellos kommen auch im [S.57] Börsengeschäft Ausschreitungen vor. In jedem Stande finden sich weniger ehrenhafte Elemente, deren Handlungen aber nicht dem ganzen Stande zur Last gelegt werden dürfen. Einzelne Vorkommnisse werden dahin übertrieben, als ob sie bewiesen, daß an der Börse oder gar im Handelsstande überhaupt das Rechtsgefühl ein weniger ausgebildetes, die Moral eine laxere sei, als in anderen Kreisen der Bevölkerung. Die Ausschreitungen im Börsenverkehr sind verschwindend gering gegenüber der Zahl der in ihm überhaupt zur Ausführung gelangenden Geschäfte, und sie sind dort verhältnismäßig nicht häufiger, als die Fälle unreellen Gebahrens in anderen Arten des Geschäftsverkehrs, und zwar auch in solchen, bei denen vorwiegend andere Berufszweige, Landwirtschaft und Industrie, beteiligt sind. Die Spielsucht aber ist nicht ausschließlich, nicht einmal vorzugsweise ein Fehler der Börse. Dieser Vorwurf trifft vielmehr in mindestens gleichem Maße das Publikum, welches sich neben anderen Arten des Spiels auch des Börsengeschäfts zur Befriedigung seines Strebens nach mühelosem Gewinn bedient. Meint man es ernst mit der Beschränkung der Spielleidenschaft, so sollte man doch vor Allem die nächste Quelle derselben, die öffentlichen Lotterien, beseitigen. Statt dessen werden immer größere Klassen der Bevölkerung durch Ausdehnung der Staatslotterien und Veranstaltung anderer Lotterien (Schloßfreiheitslotterie, Afrikalotterie) erst durch das Lotteriespiel für die Spielleidenschaft herangezogen. Gerade unter denjenigen, welche die Börse anklagen, finden sich Freunde und Gönner des Totalisators, der öffentlichen Spielbank auf den Rennplätzen. Das Börsenspiel setzt wenigstens, wie Prof. Adolf Wagner treffend bemerkt, zum Erfolg gewisse geistige Fähigkeiten und scharfsinnige Berechnungen voraus, während beim Lotteriespiel nur blinder Zufall entscheidet.
 
     Daß, soweit an der Börse Mißstände und Auswüchse vorkommen, die betreffenden Korporationen selbst den ernsten Willen und die Fähigkeit besitzen, solche Mißstände zu beseitigen und den Verkehr zu einem solideren zu machen, beweist die ganze Entwicklung der Börse. Die Aufstellung allgemeiner Gesichtspunkte für die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel, die Entwickelung der allgemeinen Lieferbedingungen für Waren, die Verbesserung der Preis= und Kursnotirungen und viele andere Einrichtungen, welche aus der freien Initiative der Börsenkreise hervorgegangen sind, zeigen, daß man dort ebenso bestrebt ist, allen Bedürfnissen des Verkehrs Rechnung zu tragen, wie diesen Verkehr selbst zu einem soliden zu gestalten.
 
     Hiernach ist in jedem Falle ein staatliches Eingreifen nur da zu befürworten, wo in einzelnen Punkten erwiesener Maßen die freie Bethätigung der widerstreitenden Interessen ihren Dienst zur Herbeiführung einer gedeihlichen Fortentwickelung und Beseitigung der Schäden versagt, und zugleich mit genügender Sicherheit zu übersehen ist, daß die staatlichen Maßnahmen die Beseitigung der Schäden bewirken werden, ohne auf der anderen Seite die freie Entfaltung der Kräfte zu hemmen und dadurch zu überwiegenden Nachteilen zu führen.
 
     Die Freisinnige Volkspartei hat einzelnen Bestimmungen aus dem Börsengesetzentwurf zugestimmt und ebenso zugestimmt dem zugleich mit dem Börsengesetz vorgelegten Bankdepotgesetz. Letzteres giebt den-[S.58]-jenigen Pflichten, welche soliden Kaufleuten bei Aufbewahrung fremder Wertepapiere nach der Natur der betreffenden Geschäfte ohnehin obliefen, einen klaren rechtlichen Ausdruck. Das Gesetz erschien deshalb geeignet, empfindliche Lücken im Civilrecht und Strafrecht auszufüllen. Die Freisinnige Volkspartei bekämpft überhaupt ebensowenig eine Ergänzung und Fortbildung des Börsenrechts, wie sie einer Revision des Handelsrechts im Jahre 1897 widersprochen hat. Das Börsenrecht bildet ja in seinen privatrechtlichen Bestimmungen auch nur einen Teil des Handelsrechts.
 
     Das Börsengesetz wurde am 6. Juni 1896 im Reichstage gegen die Stimmen der beiden Freisinnigen Parteien, der Deutschen Volkspartei und der Sozialdemokraten angenommen. Die Sozialdemokratie erklärte, daß das in dem Gesetz enthaltene Verbot des Getreideterminhandels es ihr unmöglich mache für das Gesetz zu stimmen.
 
     Obwohl das Börsengesetz erst seit dem 1. Januar 1897 in Kraft befindet, hat sich bereits herausgestellt, wie durchaus gerechtfertigt alle Bedenken der Opposition gegen dasselbe gewesen sind. Das Gesetz hat sich besonders nachteilig erwiesen gegenüber denjenigen Kreisen des Publikums, in deren angeblichem Interesse es erlassen worden ist.
 
     Was zunächst das Verbot des "börsenmäßigen Terminhandels" in Getreide und Mehl betrifft, so siehe darüber den besonderen Artikel unter "Terminhandel", aus dem sich ergiebt, wie besonders nachteilig dieses Verbot gerade für die Landwirtschaft sich bereits erwiesen hat. Weniger nachteilig ist dasselbe für die Getreidehändler, da das handelsrechtliche Lieferungsgeschäft durch das Verbot nicht getroffen wird und dieses Geschäft nicht wie die börsenmäßigen Termingeschäfte der Stempelsteuer unterliegt und auch in der Preisnormirung durch den Kurszettel nicht beschränkt wird.
 
     Das Börsengesetz bestimmt sodann, daß die Regierung anordnen kann, daß in dem Vorstand der Produktenbörse die Landwirtschaft, die landwirtschaftlichen Nebengewerbe und die Müllerei Vertretung finden. Der preußischen Handelsminister hat in den neuen Börsenordnungen denn auch eine solche Vertretung angeordnet. An mehreren Börsen aber haben die Getreidehändler es mit ihrer Ehre unvereinbar erklärt, sich unter die Aufsicht von Personen zu stellen, die ohne selbst zu den Mitgliedern der Börse zu gehören, in den Vorstand der Börse delegirt werden. Demzufolge sind an den Produktenbörsen in Berlin, Halle, Magdeburg, Posen, Stettin seit dem Inkrafttreten des Börsengesetzes Getreidehändler nicht mehr erschienen und dadurch diese Börsen thatsächlich aufgelöst worden. Die Getreidehändler Berlins führten alsdann ihre Geschäfte längere Zeit fort als Privatverein in dem für diese Zwecke gemieteten Lokale de in der Nähe der Börse gelegenen Feenpalastes. Als der Handelsminister aber diese freie Vereinigung aufforderte, eine Genehmigung als Börse nachzusuchen, und für den Weigerungsfall polizeiliche Zwangsmaßregeln androhte, lösten die Getreidehändler, indem sie zugleich gegen die polizeiliche Verfügung Klage erhoben, auch diese freie Vereinigung auf und beschränkten sich fortan auf den Geschäftsverkehr von Comtor zu Comtor, abgesehen von denjenigen [S.59] Geschäften, welche auf dem sogenannten Berliner Frühmarkt in Getreide stattfinden.
 
     Bis dahin waren Preisnotirungen aus dem Geschäftsverkehr im Feenpalast in den Zeitungen regelmäßig veröffentlicht worden, ebenso wie früher die Preisnotirungen der Berliner Produktenbörse. Seit der Auflösung jener Vereinigung im Feenpalast werden in Berliner Presse Getreidepreise überhaupt nicht mehr veröffentlicht. Die Landwirtschaftskammern haben darauf ihrerseits Preisnotirungen organisirt, welche auf Zusammenstellungen beruhen aus Marktorten des Landes und auf Angaben aus Berlin. Da aber solche Preisnotirungen nicht unter derjenigen öffentlichen Controlle stehen, wie sie an großen Börsenplätzen stattfand, und die Notirungen ausgehen von Organisationen der Landwirte, also einseitig nur von Verkäufern, die ein Interesse haben an der Notirung möglichst hoher Preise, so besitzen diese Veröffentlichungen keinerlei Autorität für den Getreidehandel. Während die berufsmäßigen Getreidehändler durch ihre Geschäftsbeziehungen über die wirkliche Lage des Getreidemarktes genau unterrichtet sind und dadurch bewahrt bleiben vor der Bewilligung höherer Preise, als der Weltmarkt gestattet, entbehren umgekehrt die Produzenten einer solchen Orientirung, und es ist oft für sie daher überaus erschwert zu prüfen, ob der ihnen vom Käufer angebotene Preis der Lage des Weltmarkts und des Getreidemarkts am Orte wirklich entspricht. Derart hat auch nach dieser Richtung das Börsengesetz der Landwirtschaft großen Schaden zugefügt.
 
     Ueber die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenverkehr hatten auch schon früher besondere Börsenkommissionen die Entscheidung. Das Börsengesetz hat diese Zulassung an eine Reihe von Formalitäten geknüpft und die Zulassungsstellen verpflichtet, Emissionen nicht zuzulassen, durch welche "erhebliche allgemeine Interessen geschädigt werden oder welche offenbar zu einer Uebervorteilung des Publikums führen." Die großen Finanzfirmen sind dadurch dem Publikum gegenüber in der eigenen Verantwortlichkeit entlastet, und das Publikum wird verführt, nachdem die Emissionsbehörde ihr Siegel unter die Emission gedrückt hat, sich der eigenen Prüfung der anzukaufenden Papiere zu entraten.
 
     Das Börsengesetz hat, wie allgemein zugegeben wird, die Konzentration der Bankgeschäfte in den großen Bankanstalten gefördert. Die letzteren haben als Aktiengesellschaften durchweg ihr Kapital beim Inkrafttreten des Börsengesetzes erhöht und zur Beteiligung an der Emission neuer Aktien ausdrücklich aufgefordert mit dem Hinweis darauf, daß das neue Börsengesetz gerade den großen Banken es ermöglicht, vorteilhaftere Geschäfte als bisher zu machen. Die Deutsche Bank schrieb in ihrem 1895er Geschäftsbericht: "Unausbleiblich wird eine Einwirkung auf die innere Gestaltung der Börse eintreten, nämlich die, daß nur sehr kapitalkräftige Häuser den neu an sie herantretenden Ansprüchen gewachsen sein werden, die schwächeren aber zurücktreten". Die Dresdener Bank schrieb: "Wir glauben übrigens, daß in denjenigen Geschäftszweigen, die für die Institute wir das unserige wesentlich in Betracht kommen, auch unter der künftigen Gesetzgebung, wie immer sie sich gestalten möge, Raum für eine ersprießliche und lohnende Thätigkeit ver-[60]-bleiben wird." Die Essener Kreditanstalt erklärt: "Auch das neue Börsengesetz hat Nachteile für uns nicht im Gefolge, dürfte nach allgemeiner Ansicht vielmehr insofern für uns vorteilhaft wirken, als die Vermittelung von Effektengeschäften sich noch mehr als bisher bei den großen Bankanstalten konzentrieren wird". Mitteldeutsche Kreditbank: "Mit Rücksicht auf die stetig zunehmende Ausdehnung unseres Geschäftsbetriebes im Allgemeinen und die Notwendigkeit, speziell für das Effektengeschäft in seinen durch die Börsengesetzgebung geschaffenen neuen Formen, beträchtliche Mittel zur Verfügung zu haben, halten wird eine Erhöhung des Aktienkapitals unserer Bank um 6 000 000 Mark für zweckmäßig". Auch die Verschmelzung der Berliner Diskontogesellschaft mit der Norddeutschen Bank in Hamburg bei gleichzeitiger Kapitalerhöhung der ersteren um 40 Millionen Mark, die Kapitalvermehrung der Deutschen und er Dresdener Bank um je 25 Millionen Mark und endlich die Vereinigung der Deutschen Bank mit zwei der größten Provinzialbanken Deutschlands unter gleichzeitiger Kapitalvergrößerung von 50 Millionen Mark zeigten deutlich die unmittelbar unter dem Eindruck des Börsengesetzes erfolgte Konzentration des Großkapitals. Abgesehen von der immer mehr zu Tage tretenden Konkurrenzunfähigkeit der kleinen Banken, ist durch diese Entwicklung der Zwischenhandel an der Börse immer mehr beseitigt worden. Während früher beispielsweise die Aufträge der zuletzt fusionirten großen Banken dem Markte insgesamt zuflossen, gelangen jetzt nur die Saldi dieser Aufträge an die Börse, während das Gros der Aufträge in den Büreaus der Banken geräuschlos zur Abwicklung kommt. Die Börsen sind daher nicht mehr ganz das getreue Spiegelbild des Geschäftsverkehrs, der sich zu einem gewissen Teile "hinter den Kulissen" abwickelt.
 
     Als eine besonders weise Bestimmung wurde im neuen Börsengesetz die Einführung des Börsenregisters bezeichnet. Hiernach kann sich im Börsenterminhandel in Waren oder Wertpapieren nur derjenige beteiligen, welcher seinen Namen in ein Börsenregister einträgt und für diese Eintragung eine Eintragungsgebühr von zuerst 150 Mark und für die folgenden Kalenderjahre von je 25 Mark entrichtet. Durch ein Börsentermingeschäft in einem Geschäftszweige, in welchem die beiden Parteien zur Zeit des Geschäftsabschlusses in einem Börsenregister nicht eingetragen sind, wird ein Schuldverhältnis nicht begründet. Das Gleiche gilt auch von der Erteilung und Uebernahme von Aufträgen. Andererseits kann von demjenigen, der in das Börsenregister eingetragen ist, ein Einwand nicht darauf begründet werden, daß die Erfüllung durch Lieferung der Ware oder Wertpapiere vertragsmäßig ausgeschlossen war. Die Einrichtung erklärt also ausdrücklich Differenzgeschäfte unter den in das Börsenregister Eingetragenen für klagbar. -- In dieses Börsenregister sind aber außerordentlich wenige Eintragungen erfolgt, hauptsächlich nur an der Hamburger Börse. Teils behilft man sich mit dem handelsrechtlichen Lieferungsgeschäft, teils schließt man börsenmäßige Termingeschäfte ab und vertraut in Bezug auf die Erfüllung der kaufmännischen Ehre.