Eugen Richter
1838-1906













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Politisches ABC=Buch
9. Auflage, 1898

 
 

Mittelstandspolitik.[S.260] Mittelstandspolitik ist neuerlich ein besonders bei den konservativen und antisemitischen Parteien beliebtes Schlagwort geworden. Gerade diese Parteien aber sind am Wenigsten berechtigt, sich als Vertreter der Interessen des Mittelstandes hinzustellen. Die konservativen Parteien erschweren es durch ihren Einspruch gegen Reichstagsdiäten gerade Personen des Mittelstandes, sich an der Gesetzgebung zu beteiligen. Das Schutzzollsystem und die besonderen Liebesgaben für Gutsbrennereien und Zuckerfabriken belasten auch den Mittelstand wesentlich zu Gunsten der Großbetriebe und des Großgrundbesitzes. Die zünftlerische Gesetzgebung erschwert dem Handwerk die Konkurrenz mit der Fabrikindustrie. Die hohen Militärlasten und die damit zusammenhängenden Verbrauchsabgaben drücken besonders auf den Mittelstand. Indem die genannten Parteien in der Gewerbenovelle 1896 das Detailreisen erschwerten, beeinträchtigten sie die Konkurrenz des Mittelstandes in Handel und Industrie mit den großen Warenhäusern. Auch die Bekämpfung des Genossenschaftswesens durch die obengenannten Parteien schädigt die Interessen des Mittelstandes, aus welchem sich die Mitgliedschaft bei den Genossenschaften zu einem großen Teil zusammensetzt. Die Befestigung des Großgrundbesitzes durch Fideikommisse, das Anerbenrecht und die geplanten Beschränkungen der Freiheit des Grundeigentums erschweren den Landerwerb und die Vermehrung des Landbesitzes insbesondere auch für den bäuerlichen Mittelstand.