Politisches
ABC=Buch
9. Auflage, 1898
Wilhelm II., [S.386]
Kaiser von Deutschland, König von Preußen, geboren den
27. Januar 1859, gelangte zur Regierung beim Tode seines Vaters, des Kaisers
Friedrich, am 15. Juni 1888. - Nachfolgende politische Aeußerungen
des Monarchen haben eine besonders weite Verbreitung erlangt. 1888.
27. Juni. Empfang der Deputation der Berliner städtischen Behörden.
("Sorgen Sie dafür, daß in Berlin Kirchen
gebaut werden.") 16. August: Enthüllung des Denkmals für
den Prinzen Friedrich Karl in Frankfurt a. O. Trinkspruch beim Festmahl:
"Ich glaube, daß wir sowohl im 3. Armeekorps wie in der gesamten
Armee wissen, daß darüber nur eine Stimme sein kann, daß
wir lieber unsere gesamten 42 Millionen Einwohner auf der Wahlstatt
(nach den ersten offiziösen Berichten: "auf der
Strecke") liegen lassen, als daß wir einen einzigen Stein
von dem, was mein Vater und der Prinz Friedrich errungen haben, abtreten."
23. August: Teilnahme an einem Kapitel des Johanniterordens in Sonnenburg.
Rede beim Festmahl: "Zur Hebung und moralischen sowie religiösen Kräftigung
und Entwicklung des Volkes brauche ich die
Unterstützung der Edelsten desselben,
Meines Adels, und die sehe Ich im Orden Sankt
Johannis in stattlicher Zahl vereint."
1889. 12. März:
Teilnahme an einer Sitzung des Brandenburgischen Provinziallandtags. "Mein
erster und vornehmster Name in Meinem großen Königlichen Titel
ist der eines Markgrafen von Brandenburg."
1890. Januar:
Veröffentlichung eines Erlasses an den Kriegsminister gegen
Soldatenmißhandlungen. "In meiner Armee soll jedem Soldaten
eine gesetzliche, gerechte und würdige Behandlung zu teil werden,
weil eine solche die wesentliche Grundlage bildet, um in demselben Dienstfreudigkeit
und Hingebung an den Beruf, Liebe und Treue zu den Vorgesetzten zu wecken
und zu fördern." -- 22. März: Telegramm des Kaisers an eine Persönlichkeit
in Weimar über die Entlassung Bismarcks:
"Mir ist so weh ums Herz, [S.387] als
hätte Ich Meinen Großvater noch einmal verloren!
Es ist Mir aber von Gott einmal bestimmt; also habe Ich es zu tragen, wenn
Ich auch darüber zu Grunde gehen sollte. Das Amt des wachthabenden
Offiziers auf dem Staatsschiff ist Mir zugefallen. Der
Kurs bleibt der alte, und nun "Volldampf voraus!" -- Mai: Besuch
in Königsberg. Trinkspruch beim Festmahl des Provinziallandtages;
Aeußerung, daß das Königtum von Gottes
Gnaden ausdrücke, "daß Wir Hohenzollern unsere
Krone nur vom Himmel nehmen und die darauf ruhenden Pflichten
dem Himmel gegenüber zu vertreten haben." -- Bei der Hochzeitsfeier
des Oberst von Bissing und der Gräfin Königsmarck auf Schloß
Plaue sagte in einem Trinkspruch der Kaiser u. a. folgendes: "Meine Vorfahren
haben zuerst keine günstige Aufnahme in der Mark gefunden, aber sie
haben sich den Gehorsam erzwungen, ohne den
kein öffentliches Gemeinwesen bestehen kann. Dieser Gehorsam aber
verwandelte sich bald in Hingebung und Treue und stellte ein schönes
Band her zwischen den Trägern der Krone und den Edelsten
der Nation. Aus diesen gingen die Offiziere der Armee hervor;
die Söhne des Adels wurden die Träger
der guten und edlen Gesinnungen im Heere." -- Dezember 1890: Konferenz
über höheres Schulwesen unter Teilnahme des Kaisers: "Die Schulen
haben eine allzu starke Ueberproduktion der Gebildeten, ein Abiturientenproletariat
zu Wege gebracht. Die sämtlichen sogenannten Hungerkandidaten,
namentlich die Herren Journalisten, das sind vielfach verkommene
Gymnasiasten. Ich werde daher kein Gymnasium mehr genehmigen, das nicht
absolut seine Notwendigkeit nachweisen kann."
1891. Am 7. Januar
übersendet der Kaiser dem Staatssekretär von Stephan zu seinem
60. Geburtstag seine Photographie mit der Unterschrift: "Die Welt am Ende
des 19. Jahrhunderts steht unter dem Zeichen des Verkehrs.
Er durchbricht die Schranken, welche die Völker trennen, und knüpft
zwischen den Nationen neue Beziehungen an." -- Rede des Kaisers beim Festmahl
des Brandenburgischen Provinziallandtages am 21. Februar 1891. "Ich weiß
sehr wohl, daß in der Jetztzeit es versucht wird, die Gemüter
zu ängstigen, es schleicht der Geist des Ungehorsams
ins Land, gehüllt in schillernd verführerisches Gewand,
versucht er die Gemüter Meines Volks und die Mir ergebenen Männer
zu verwirren; eines Ozeans von Druckerschwärze und Papier bedient
er sich, um diese Wege zu verschleiern, die klar zu Tage liegen und liegen
müssen für jedermann, der Mich und Meine Prinzipien kennt. Ich
lasse mich dadurch nicht beirren; wir müssen vorwärts streben;
wir müssen aber arbeiten und im Innern kämpfen; aber wenn das
Ganze gedeihen soll, so seien Sie sich dessen klar, müssen hier und
da im einzelnen Interesse Opfer gebracht werden. Unsere jetzigen Parteien
sind gegründet auf Interessen und verfolgen dieselben oft zu sehr,
ein jeder für sich. Es ist ein hohes Verdienst Meiner Vorfahren, daß
sie sich nie zu den Parteien gestellt, sondern daß sie stets darüber
gestanden haben und daß es ihnen gelungen ist, die einzelnen Parteien
zum Whole des Ganzen zu vereinigen." Die Rede schloß mit dem Appell
an die Brandenburger, ihrem Markgrafen durch Dick und
Dünn zu folgen auf allen den Wegen, die er sie führen
wird, zum Heile und zur Größe des Vaterlandes. -- 18. März:
Rede bei der Fahnen=[S.388]=weihe. Nach dem Berl.
Fremdenblatt: "Der Soldat und die Armee,
nicht Parlamentsmajoritäten und Beschlüsse haben das
deutsche Reich zusammengeschmiedet." -- Anfang Mai: Rheinreise
des Kaisers. Rede auf dem Festessen des rheinischen Provinziallandtages.
"Ich habe nach wie vor die Ueberzeugung, daß das Heil nur Zusammenhalten
liegt. Einer nur ist Herr im Reich; keinen andern dulde
Ich." -- Teilnahme an einem Kommers des Korps Borussia in Bonn.
In der Studententracht der Borussia führte der Kaiser das Präsidium
beim Kommers und kommandirte einen Salamander. In einer Rede sprach der
Kaiser seine Ueberzeugung aus, daß ein Studentenkorps die beste Erziehung
ist, die ein junger Mann für sein späteres Leben bekommt. "Wie
im Mittelalter durch die Tourniere der Mut und die Kraft gestählt
wurde, so wird auch durch den Geist und das Leben im Korps der Grad von
Festigkeit erworben, der später im großen Leben nötig ist
und der bestehen wird, solange es deutsche Universitäten giebt." --
24. August: Aueßerung des Kaisers in Merseburg gegenüber dem
konservativen Abgeordneten v. Rauchhaupt: suprema lex regis voluntas.
-- 7. September: Besuch von München. Beim Besuch des Rathauses zeichnete
der Kaiser sich in das "goldene Buch" ein und fügte seiner Unterschrift
die Worte hinzu: suprema lex regis voluntas. -- 23. November: Ansprache
bei der Vereidigung der Rekruten in Potsdam über die Pflicht des unbedingten
Gehorsams der Soldaten, selbst wenn die militärischen
Befehle sich gegen die eigenen Verwandten richteten. -- 24.
November: Ansprache des Kaisers bei der Vereidigung der Berliner Rekruten.
Der Kaiser kam auf die Gefahren der Hauptstadt zu sprechen. Es erfordere
Mannesmut, diese zu überstehen; der vornehmste Umgang
für Soldaten sei der Soldat, nicht der Civil. -- 18. Dezember:
Verleihung des Grafentitels an den Reichskanzler v. Caprivi aus Anlaß
der Annahme der Handelsverträge im Reichstage. Ehrenvolle Erwähnung
desselben bei dem Festmahl zur Einweihung des neuen Ständehauses des
Teltower Kreises in Berlin. Die Handelsverträge
seien geradezu eine rettende That. "Der Reichstag wird sich
einen Mark= und Denkstein in der Geschichte des Deutschen Reiches mit der
Annahme gemacht haben. Trotz Verdächtigungen und Schwierigkeiten,
die dem Reichskanzler und seinen Räten von den verschiedenen Seiten
gemacht worden sind, ist es uns gelungen, das Vaterland in diese neuen
Bahnen einzulenken."
1892. Am 24.
Februar hielt der Kaiser bei dem Festmahl des brandenburgischen Provinziallandtages
in Berlin eine längere Rede: "Es ist ja leider jetzt Sitte geworden,
an allem, was seitens der Regierung geschieht, herumzunörgeln
und herumzumäkeln. Unter den nichtigsten Gründen
wird den Leuten ihre Ruhe gestört und ihre Freude am Dasein und am
Leben und Gedeihen unseres gesamten deutschen Vaterlandes vergällt.
Aus diesem Nörgeln und dieser Verhetzung entsteht schließlich
der Gedanke bei manchen Leuten, als sei unser Land das unglücklichste
und schlechtest regierte in der Welt, und sei es eine Qual, in demselben
zu leben. Daß dem nicht so ist, wissen wir alle selbstverständlich
besser. Doch wäre es dann nicht [S.389] besser,
daß die mißvergnügten Nörgler lieber
den deutschen Staub von ihren Pantoffeln schüttelten und
sich unseren elenden und jammervollen Zuständen auf das Schleunigste
entzögen? Ihnen wäre ja dann geholfen, und uns thäten sie
einen großen Gefallen damit. Wir leben in einem Uebergangszustande!
Deutschland wächst allmählich aus den Kinderschuhen heraus, um
in das Jünglingsalter einzutreten; da wäre es wohl an der Zeit,
daß wir uns von unseren Kinderkrankheiten freimachen. Wir gehen durch
bewegte und anregende Tage hindurch, in denen das Urteil der großen
Menge der Menschen der Objektivität leider zu sehr entbehrt. Ihnen
werden ruhigere Tage folgen, insofern unser Volk sich ernstlich zusammennimmt,
in sich geht und unbeirrt von fremden Stimmen auf gott baut und die ehrliche
und fürsorgliche Arbeit seines angestammten Herrschers. Ich möchte
dieses Uebergangsstadium mit einer kleinen Geschichte vergleichend
beleuchten, welche Ich einmal gehört habe. Der berühmte englische
Admiral Sir Francis Drake war in Central=Amerika gelandet nach
schwerer, stürmisch bewegter Reise; er suchte und forschte nach dem
anderen großen Ozean, von dem er überzeugt war, daß er
vorhanden sei, den die meisten seiner Begleiter jedoch als nicht existirend
annahmen. Der Häuptling eines Stammes, dem das eindringliche Fragen
und Forschen des Admirals aufgefallen, von der Macht seines Wesens eingenommen,
sagte ihm: "Du suchst das große Wasser; folge mir, ich werde es Dir
zeigen," und nun stiegen die beiden trotz warnenden Zurufs der übrigen
Begleiter einen gewaltigen Berg hinan. Nach furchtbaren Beschwerden an
der Spitze angelangt, wies der Häuptling auf die Wasserfläche
hinter ihnen und Drake sah die wildbewegten Wogen des zuletzt von ihm durchschifften
Meeres vor sich. Darauf drehte sich der Häuptling um, führte
den Admiral um einen kleinen Felsvorsprung herum und plötzlich that
sich vor seinem entzückten Blicke der vom Gold der aufgehenden Sonne
bestrahlte Wasserspiegel des in majestätischer Ruhe sich ausbreitenden
stillen Ozeans auf. -- So sei es auch mit uns! Das fester Bewußtsein
Ihrer, Meiner Arbeit treu begleitenden Sympathie flößt mir stets
neue Kraft ein, bei der Arbeit zu beharren und auf dem Wege vorwärts
zu schreiten, der Mir vom Himmel gewiesen ist.
-- Dazu kommt das Gefühl der Verantwortung unserm obersten Herrn --
dort oben gegenüber und Meine felsenfeste Ueberzeugung, daß
unser alter Alliirter von Roßbach und Dennewitz
Mich dabei nicht im Stiche lassen wird. Er hat sich solche undenkliche
Mühe mit unserer alten Mark und Unserem Hause gegeben, daß wir
nicht annehmen können, daß er dies für nichts gethan hat.
Nein, im Gegenteil, Brandenburger, zu Großem sind wir noch bestimmt
und herrlichen Tagen führe Ich Euch noch entgegen.
Lassen Sie sich nur durch keine Nörgeleien und durch mißvergnügliches
Parteigerede Ihren Blick in die Zukunft verdunkeln oder Ihre Freude an
der Mitarbeit verkürzen. Mit Schlagwörtern allein ist es nicht
gethan, und den ewigen mißvergnüglichen Anspielungen über
den neuen Kurs und seine Männer erwidere Ich ruhig und bestimmt: Mein
Kurs ist der richtige und er wird weiter gesteuert! Daß
Meine brave märkische Mannschaft mir dabei helfe, das hoffe ich bestimmt.
Daher trinke ich auf das Wohl Brandenburgs und seiner Männer Mein
Glas." [S.390]
1893. 25. April:
In Rom Empfang einer Deputation des Künstlervereins. Der Kaiser beklagte
das Uebergewicht der Architektur über die Kunst in Berlin. Das
neue Reichstagsgebäude sei für ihn der Gipfe[l] der Geschmacklosigkeit.
Die Berliner Architekten würden gut thun, sich mehr an den römischen
Bauten zu inspiriren. Das Denkmal an der
Porta Westfalica sehe ganz wie ein Bienenkorb aus.
-- 17. Juli: Nach Annahme der Militärvorlage besonderes Danktelegramm
des Kaisers an den Führer der polnischen Reichstagsfraktion
Abg. v. Koszielski: "Ich danke Ihnen und Ihren Landsleuten für Ihre
Treue zu Mir und Meinem Hause; sie sei ein
Vorbild für alle!" Verleihung des Kronordens zweiter Klasse für
die hingebende Arbeit. -- 13. August: Glückwunsch an den Berliner
Regattaverein Wannsee über den Ausfall der Regatta: Navigare
necesse est, vivere non est necesse. -- 16. November: Ansprache
an die Rekruten bei der Vereidigung: "Ich brauche christliche
Soldaten, die ihr Vaterunser beten. Der Soldat soll nicht seinen
Willen haben, sondern Ihr sollt alle einen Willen haben, und das
ist Mein Wille, es giebt nur ein Gesetz, und das ist Mein Gesetz!
1894. 5. Februar:
Parlamentarisches Diner beim Reichskanzler. Der russische Handelsvertrag
kommt zur Sprache. Der Reichstagspräsident v. Levetzow verteidigt
die Auffassung der Konservativen gegenüber dem russischen Handelsvertrag.
Der Kaiser äußerte dabei u. a.: "Ich bin weit davon entfernt,
auf die Ueberzeugung eines Einzelnen einwirken zu wollen; aber Sie müssen
doch klar darüber werden, wie der Kaiser von Rußland diese Dinge
auffaßt. Er würde es gar nicht verstehen können, wie
Leute, welche bei Hofe ein= und ausgehen, welche Meine Uniform tragen,
in dieser Sache gegen mich stimmen, welche von so weittragender
Bedeutung ist." Nach dem "Hamburgischen Korrespondenten" hat der Kaiser
geäußert: In Rußland gebe es Kreise, die es nicht verstehen
würden, wenn der Reichstag den Vertrag ablehne, die meinten, was solle
ihr Zar dazu sagen, wenn auch die Junker, die im Berliner
Schlosse beim Kaiser verkehrten, den Vertrag ablehnten. --
24. Februar: Trinkspruch des Kaisers auf dem Festessen des Brandenburgischen
Provinziallandtages (der Kaiser hatte das Bild des Panzerschiffes "Brandenburg"
als Geschenk überreicht): "Daß meine Vorfahren, und besonders
derjenige, auf den wir am liebsten zurückblicken
als auf den größten Brandenburger, der Große
Kurfürst, im Stande waren, so Großes für ihr
Vaterland zu leisten, beruht auf diesem gegenseitigen Vertrauen von Fürst
und Volk, es beruht auf der Erkenntnis vor allem, daß das Hohenzollern'sche
Herrscherhaus mit einem Pflichtgefühl ausgerüstet ist, welches
es aus dem Bewußtsein schöpft, daß es von
Gott an diese Stelle gesetzt ist und ihm allein und dem eigenen Gewissen
Rechenschaft zu geben hat für das, was es thut, zum Wohle
des Landes." -- 6. September: Galatafel in Königsberg. Aus der Liste
der zu dem Diner eingeladenen Personen wurden
Graf Mirbach, Graf Kanitz, Graf Klinckowström, Graf Dohna=Wundlack
und v. Klitzing gestrichen. In dem Trinkspruch
auf die Provinz Ostpreußen äußerte der Kaiser sein Bedauern
darüber, daß unter dem Einfluß der Sorgen der Landwirte
Zweifel aufgestiegen seien an der Innehaltung seiner Ver=[S.391]=sprechungen.
"Ja ich habe sogar tief bekümmerten Herzens bemerken müssen,
daß aus den Mir nahestehenden Kreisen des Adels
Meine besten Absichten mißverstanden, zum Teil bekämpft worden
sind, ja, sogar das Wort Opposition hat man
Mich vernehmen lassen. Meine Herren! eine Opposition
preußischer Adeliger gegen ihren König ist ein Unding,
sie hat nur dann eine Berechtigung, wenn sie den König an ihrer Spitze
weiß, das lehrt schon die Geschichte Unseres Hauses. Wie oft haben
Meine Vorfahren Irregeleiteten eines einzelnen Standes zum Wohle des Ganzen
gegenübertreten müssen! Der Nachfolger dessen, der aus eigenem
Recht souveräner Herzog in Preußen wurde, wird dieselben Bahnen
wandeln, wie sein großer Ahne; und wie einst der erste König
"ex me mea nata corona" sagte und sein großer Sohn seine
Autorität als einen rocher de bronze stabilisirte, so
vertrete auch Ich gleich Meinem kaiserlichen Großvater das Königtum
von Gottes Gnaden." Die Feier der Einweihung des Standbildes Kaiser Wilhelm
I. mahnte zum Kampfe wider die Bestrebungen, welche sich gegen die Grundlagen
des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens richten. "Nun, meine Herren,
an Sie ergeht jetzt Mein Ruf: Auf zum Kampfe für
Religion, für Sitte und Ordnung, gegen die Parteien des
Umsturzes. Wie der Epheu sich um den knorrigen
Eichstamm legt, ihn schmückt mit seinem Lauf und ihn schützt,
wenn Stürme seine Krone durchbrausen, so schließt sich der
preußische Adel um Mein Haus. Möge er und mit
ihm der gesamte Adel deutscher Nation ein leuchtendes Vorbild
für die noch zögernden Teile des Volkes werden. Wohlan denn,
lassen Sie uns zusammen in diesen Kampf hineingehen! Vorwärts mit
Gott, und ehrlos, wer seinen König im Stiche läßt!
In der Hoffnung, daß Ostpreußen als erste Provinz in der Linie
dieses Gefechts gegen wird, erhebe ich Mein Glas" etc.
1895. Am 23.
Februar erwähnte der Kaiser bei dem Festessen des Brandenburgischen
Provinziallandtags der landwirtschaftlichen Fragen
und warnte dringend davor, überspannte Hoffnungen zu hegen oder gar
die Verwirklichung von Utopien zu verlangen.
"Kein Stand kann beanspruchen, auf Kosten der anderen besonders bevorzugt
zu werden; des Landesherrn Aufgabe ist es, die Interessen
aller Stände gegen einander abzuwägen und mit einander
zu vermitteln, damit das allgemeine Interesse des großen Vaterlandes
gewahrt bleibe." Nach dem konservativen "Volk" äußerte der Kaiser
bei Gelegenheit dieses Diners in Betreff des Antrags
Kanitz zu dem Frhrn. V. Manteuffel: "Sie können Mir nicht zumuten,
daß ich Kornwucher treibe." -- Am 23. März lehnte
die Mehrheit des Reichstags die Beglückwünschung
des Fürsten Bismarck zu seinem 80. Geburtstage ab. Darauf
sandte der Kaiser an den Fürsten Bismarck nachstehendes, durch das
Wolffsche Telegraphenbureau sogleich veröffentlichte Telegramm: "Euer
Durchlaucht spreche ich den Ausdruck tiefster Entrüstung über
den eben gefaßten Beschluß des Reichstags aus. Derselbe steht
im vollsten Gegensatz zu den Gefühlen aller deutschen Fürsten
und ihrer Völker." -- Bei dem Paradediner am Sedantage 1895 äußerte
der Kaiser aus Anlaß der Verunglimpfung des Sedanfestes durch die
sozialdemokratische Presse u. a.: "Doch in die hohe, große Festesfreude
schlägt ein Ton hinein, der wahrlich [S.392]
nicht dazu gehört; eine Rotte von Menschen,
nicht wert, den Namen Deutscher zu tragen, wagt es, das deutsche Volk zu
schmähen, wagt es, die uns geheiligte Person des allverehrten verewigten
Kaisers in den Staub zu ziehen. Möge das gesamte Volk in sich die
Kraft finden, diese unerhörten Angriffe zurückzuweisen! Geschieht
es nicht, nun, dann rufe Ich Sie, um der hochverräterischen
Schar zu wehren, um einen Kampf zu führen, der uns befreit
von solchen Elementen." In gleicher Weise spricht ein Dankschreiben an
den Reichskanzler betreffend die Feier des Sedanfestes vom 8. September
die Zuversicht aus, daß das Volk "sich auch jener vaterlandslosen
Feinde der göttlichen Weltordnung zu erwehren wissen wird,
die selbst in diesen Tagen nationaler Begeisterung dreist ihr Haupt erheben"
etc.
1896. Rede beim
Bankett im Weißen Saal zur 25jährigen Feier der Errichtung des
deutschen Reiches am 18. Januar: "Aus dem Deutschen Reiche ist ein Weltreich
geworden. Ueberall in fernen Teilen der Erde
wohnen tausende unserer Landsleute. Deutsche Güter, deutsches Wissen,
deutsche Betriebsamkeit gehen über den Ozean. Nach Tausenden von Millionen
beziffern sich die Werte, die Deutschland auf der See fahren hat. An Sie,
meine Herren, tritt die ernste Pflicht heran, mir zu helfen, dieses
Deutsche Reich auch fest an unser heimisches zu gliedern. Das
Gelöbnis, was ich heute vor Ihnen ablegte, es kann nur Wahrheit werden,
wenn Ihre, von einheimischem patriotischem Geiste beseelte, vollste Unterstützung
mir zu Teil wird. Mit diesem Wunsche, daß Sie in vollster Einigkeit
mir helfen werden, meine Pflicht nicht nur meinen engeren Landsleuten,
sondern auch den vielen Tausenden von Landsleuten im
Auslande gegenüber zu erfüllen, das heißt,
daß ich sie schützen kann, wenn ich es muß" usw.
Am Vormittag desselben
Tages hatte der Kaiser im Weißen Saal vor den Mitgliedern des Reichstags
eine Thronrede verlesen. Nach der Verleseung ergriff der Kaiser die Fahne
des 1. Garderegiments, senkte dieselbe vor der Versammlung
und sprach: "Angesichts dieses ehrwürdigen Feldzeichens, welches eine
fast 200jährige ruhmbedeckte Geschichte bezeugt, erneuere ich das
Gelübde: Für des Volkes und des Landes Ehre einzustehen, sowohl
nach Innen, als nach Außen: Ein Reich, Ein Volk,
Ein Gott!"
Telegramm des Kaisers
an Geheimrat Hintzpeter am 28. Februar: "Stöcker hat geendigt, wie
ich es vor Jahren vorausgesagt habe. Politische Pastoren
sind ein Unding. Wer Christ ist, ist auch "sozial", christlich=sozial
ist Unsinn und führt zu Selbstüberhebung und Unduldsamkeit, beides
dem Christentum schnurstracks zuwiderlaufend. Die Herren Pastoren sollen
sich um die Seelen ihrer Gemeinden kümmern, die Nächstenliebe
pflegen, aber die Politik aus dem Spiele lassen, dieweil
sie das gar nichts angeht." -- 12. November: Rede des Kaisers
bei der Rekrutenvereidigung in Berlin: Die Rekruten trügen jetzt den
Rock des Königs und müßten denselben mit Stolz tragen;
wer diesen Rock angreift, der greift den König an.
1897. 26. Februar:
Rede beim Mittagsmahl des brandenburgischen Provinziallandtags: Wenn Kaiser
Wilhelm I. im Mittelalter gelebt hätte, er wäre heilig
gesprochen, und Pilgerzüge aus allen Ländern wären
hingezogen, um an seinen Gebeinen Gebete zu verrichten .... Daß Gott
sich einen [S.393] Märker ausgesucht hat, das
muß etwas Besonderes bedeuten ... Wir wollen uns um das Andenken
Kaiser Wilhelms des Großen scharen wie die Spanier einst um den alten
Eid .... Der Kampf gegen den Umsturz müsse mit allen zu Gebote stehenden
Mitteln geführt werden .... In der Nähe des Kaisers Wilhelm I.
sei durch Gottes Fügung so mancher brave, tüchtige Ratgeber gewesen,
der die Ehre hatte, seine Gedanken ausführen zu dürfen, die aber
alle Werkzeuge seines erhabenen Wollens waren,
erfüllt von dem Geiste dieses erhabenen Kaisers. -- Nach anderen Lesarten
sprach der Kaiser von der Sozialdemokratie als einer Pest, die ausgerottet
werden müsse, bis auf den letzten Stumpf. -- Ich werde mich freuen,
sagte der Kaiser, jedes Mannes Hand in der meinen zu wissen, er
sei edel oder unfrei. Nach der offiziellen Lesart: sei er Arbeiter,
Fürst oder Herr. Auch soll der Kaiser nicht gesprochen haben von braven,
tüchtigen Ratgebern des alten Kaisers als den Werkzeugen, sondern
als den Handlangern seines erhabenen Wollens".
In einer Rede in Karlsruhe
am 24. April 1897 führte der Kaiser aus: Die Erhaltung des Friedens
sei nur möglich auf der Grundlage einer starken Armee und einer starken
Marine -- darin wären er und seine Kollegen, die deutschen
Bundesfürsten, vollständig einig. -- In einer Rede zu Bielefeld
am 18. Juni 1897 forderte der Kaiser auf zum Kampfe gegen
jegliche Umsturzbestrebungen. -- In einer Rede auf dem Gürzenich
zu Köln am 18. Juni 1897 erwähnte der Kaiser an dem neuen Denkmal
für Kaiser Wilhelm einer Figur des Meergottes mit dem Dreizack (thatsächlich
stellte die Figur den Vater Rhein dar). Der Kaiser äußerte:
"Der Meergott mit dem Dreizack in der Hand
ist ein Zeichen dafür, daß, seitdem unser großer Kaiser
unser Reich von Neuem zusammengeschmiedet, wir auch andere Aufgaben auf
der Welt haben. Deutsche aller Orten, für die wir zu sorgen, deutsche
Ehre, die wir auch im Ausland aufrecht zu erhalten haben. Der
Dreizack gehört in unsere Faust."
In einem Trinkspruch
bei der Paradetafel zu Koblenz am 30. August 1897 äußerte der
Kaiser u. a.: "Es liegt an uns, das Werk des großen Kaisers die Armee
in allen ihren Teilen zu erhalten, gegen jeden Einfluß
und, Einspruch von außen zu verteidigen." -- In einem
weiteren Trinkspruch, ausgebracht bei der Tafel am 31. August 1897 zu Koblenz,
äußerte sich der Kaiser über Kaiser Wilhelm I., wie folgt:
"Er trat aus Koblenz, wie er auf den Thron stieg, hervor als ein ausgewähltes
Rüstzeug des Herrn, als welches er sich betrachtete. Uns
allen, und vor allen Dingen uns Fürsten, hat er ein
Kleinod wieder emporgehoben und zu hellem Strahlen verholfen,
welches wir hoch und heilig halten mögen; das ist das Königtum
von Gottes Gnaden, das Königtum mit seinen schweren Pflichten,
seinen niemals endenden, stets andauernden Mühen und Arbeiten, mit
seiner furchtbaren Verantwortung vor dem Schöpfer
allein, von der kein Mensch, kein Minister, kein Abgeordnetenhaus,
kein Volk den Fürsten entbinden kann."
Am 21. September 1897
äußerte nach dem "Neuen Wiener Tagblatt" der Kaiser bei der
Anwesenheit in Pest auf der Hofsoiree des Grafen Theodor Andrassy: "Ich
kenne die parlamentarischen Verhältnisse Ungarns. Dieselben sind
günstiger als diejenigen Deutschlands. Die Ungarn besitzen
[S.394] ungemein viel politischen Instinkt, was freilich
bei einem Volke, das seit tausend Jahren politisch denkt, kein Wunder ist.
In großen Momenten sind die Ungarn immer einig. Sie finden und vereinigen
sich, und Doktrinäre haben hier keinen Einfluß."
Am 20. November 1897
wurde im Weißen Saal der Reichstag eröffnet durch den Kaiser.
Nach Verlesung der Thronrede sprach der Kaiser Folgendes: "Vor fast zwei
Jahren habe Ich an dieser Stelle auf das ruhmreiche Feldzeichen Meines
Ersten Garderegiments zu Fuß den Eid geleistet: das, was der in Gott
ruhende Kaiser Wilhelm der Große geschaffen, zu erhalten und das
Ansehen und die Ehre des Reiches überall zu schirmen. Sie
haben bewegten Herzens und feuchten Auges diesen Eid entgegengenommen und
sind dadurch Meine Eideshelfer geworden. Im Angesichte Gottes
des Allmächtigen und im Andenken an den großen Kaiser bitte
Ich Sie, Mich durch Ihre Mithilfe auch fernerhin in den Stand zu setzen,
diesen Meinen Eid zu halten und Mir beizustehen, des
Reiches Ehre nach außen, für deren Erhaltung Ich
nicht gezögert habe Meinen einzigen Bruder einzusetzen, kräftig
zu wahren.
|